von Redaktion

Special Olympics - auch die Reiter sind dabei

Berlin - Die Special Olympics World Games stehen unmittelbar bevor. Vom 17. bis 25. Juni werden in Berlin 7000 Athleten und Athletinnen aus 180 Nationen mit geistiger und mehrfacher Behinderung in insgesamt 26 Sportarten bei der weltweit größten inklusiven Veranstaltung an den Start gehen. Auch die Reiter und Reiterinnen sind dabei. Sie tragen ihre Wettkämpfe auf dem Gelände des RC am Olympiapark an der Schirwindter Straße 45 aus. Und zwar im hinteren Teil der idyllischen Anlage, wo in einem hübschen Ministadion die Wettkämpfe in der Dressur und im Springen, außerdem als Reiter- und Geschicklichkeitswettbewerbe stattfinden.

Marcus Benter und Christina Krämer - Foto: Wille

Grundsätzlich wird in drei Schwierigkeitsgraden unterschieden, Levels genannt: A (Schritt, Trab, Galopp), B (Schritt, Trab) und C (Schritt). Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen werden vor Beginn in möglichst homogene Leistungsgruppen eingeteilt, die sich nicht nach Geschlecht oder Alter richten, sondern nur nach dem vorhandenen Können, das sie, ehe es richtig losgeht, einer Richter-Kommission in verschiedenen Lektionen zeigen müssen. Danach erfolgt dann die Einteilung.

Mehrfach Behinderte dürfen einen Pferdeführer oder einen Nebengänger beanspruchen. Als wichtigste Voraussetzung gilt jedoch, dass jeder im Laufe der letzten sechs Monate mindestens an zehn Trainingseinheiten teilgenommen hat. Schließlich wird, anders als bei den Nationalen Spielen, auf Fremdpferden geritten, die der Veranstalter zur Verfügung stellt. Was sicherlich ein gewisses Risiko bedeutet, wenn man die letzten Olympischen Spiele in Tokio und an die Probleme der Modernen Fünfkämpferin Annita Schleu denkt. Uta Deutschländer, Competition Manager, sagte jedoch: „Ich glaube, wir haben eine sehr gute Auswahl getroffen.“

Damit sich solch schlimme Szenen wie in Tokio nicht wiederholen und die Tierschützer erneut auf den Plan rufen, soll außerdem allen Reitern und Reiterinnen vorher ausreichend Zeit geben werden, um sich mit den Vierbeinern anzufreunden, sie genau kennenzulernen, ihre Stärken und Schwäche auszuloten. Der Veranstalter hat jedenfalls danach getrachtet, vornehmlich Schulpferde zu rekrutieren, die es gewohnt sind, dass auf ihrem Rücken mehrfach andere Teilnehmer sitzen und die Zügel in der Hand halten.

Bei der sportlichen Bewertung spielen folgende Faktoren eine Rolle: Der Sitz und die Einwirkung des Reiters, sein Umgang mit dem Pferd, die Harmonie zwischen Pferd und Reiter sowie die Einhaltung der Hufschlagfiguren und deren Genauigkeit, ferner das korrekte Absolvieren des vorgeschriebenen Parcours. Der Fokus liegt jedoch auf dem Reiter und der Reiterin und weniger auf dem Pferd. Innerhalb eines Levels werden für die ersten Drei Gold-, Silber- und Bronzemedaillen vergeben, außerdem gibt es bis zum Achten ein Patzierungsband. Um auf diese Weise dem Eid der Special Olympics gerecht zu werden, der da lautet: „Ich will gewinnen! Doch wenn ich nicht gewinnen kann, so will ich mutig mein Bestes geben!“


Erstmals fanden die Special Olympics-Reitwettbewerbe 1987 in South Ben (USA) statt, seitdem alle vier Jahre, zuletzt 2019 in Abu Dhabi, wo die Deutschen recht beachtlich abschnitten. Einer, der Gold und Silber mit nach Hause brachte, war Christian Jansen aus dem nordrhein-westfälischen Werne, der auch diesmal wieder dabei sein wird. Er ist einer von insgesamt zwölf Vertretern des Gastgeberlandes. Außerdem sind aus NRW noch vier weitere Teilnehmer am Start, drei aus Baden-Württemberg und je einer aus Sachsen, Bayern, Schleswig-Holstein und Berlin.


Sie alle waren vor kurzem zu einem Intensiv-Lehrgang nach Datteln eingeladen, wo sie auf die Weltspiele in Berlin eingestimmt wurden. Uta Deutschländer spürte bei allen eine große Vorfreude, aber auch eine gewisse Aufgeregtheit und der verständliche Wunsch, dass es möglichst bald losgehen möge.
Jedem wurde auch noch einmal vor Augen geführt, welche Reitkleidung erforderlich ist und dass der Reithelm zur Ausrüstung zählt. Sporen und Gerten dürfen nur nach Absprache benutzt werden. Während des Wettbewerb sind Hilfen vom Trainer oder Publikum verboten. Zuwiderhandlungen führen zu Disqualifikation.
„Reiten tut nicht nur meiner Seele gut, sondern ich fühle mich auch körperlich besser, wenn ich im Sattel sitze. Pferde sind nun einmal meine große Leidenschaft“, erklärte der heute 54-jährige Berliner Marcus Benter, der nach einem dreimonatigen Praktikum im Inklusiven Pferdesport- und Therapiezentrum (IPRZ) Karlshorst dort auch eine Anstellung gefunden hat. Bei den Nationalen Spielen im letzten Jahr, allerdings auf der ihm vertrauten Fuchsstute Rosa, lautete seine Ausbeute: Zweimal Gold in der Dressur, dazu einmal Silber in der Geschicklichkeitsprüfung und Bronze im Springen.


Insgesamt werden 141 Reiter und Reiterinnen aus aller Welt erwartet. Bei den Deutschen handelt es sich (alphabetische aufgelistet) um
Marcus Benter (Berlin), Amadeus Colsmann, Luisa Fußy (beide Nordrhein-Westfalen), Cornelius Geitner (Bayern), Alisa Hamzic (Baden-Württemberg), Christian Jansen, (Nordrhein-Westfalen), Lisa Preiß (Baden-Württemberg), Marco Sohr (Sachsen), Andrea Sperlich (Hamburg), Christian Stickel (Baden-Württemberg), Lisa Thun (Schleswig-Holstein) und Mia Wünsch (Nordrhein-Westfalen).


Betreut wird das Team von Beate Bengelmann (Baden-Württemberg), Joachim Bock (Sachsen-Anhalt), Daniela Colsmann (Nordrhein-Westfalen) und Isabell Rink (Sachsen.)
Die Special Olympics wurden 1968 in den USA durch Eunice Kennedy-Shriver, einer Schwester von John F. Kennedy, gegründet. Anlass und Ziel waren es, Menschen mit geistiger Behinderung, wie der gemeinsamen Schwester Rosemary, ein Mitwirken an Sportaktivitäten und -veranstaltungen zu ermöglichen, ihnen zu mehr Selbstbewusstsein, Anerkennung und gesellschaftlicher Teilhabe zu verhelfen. Letztendlich Barrieren in den Köpfen der Menschen abzubauen.

HAWI

 

Zurück